Aufgaben:
Aufgaben und Zuständigkeiten des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Stellung und Zusammensetzung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Ehemalige Mitglieder und Stellvertreter
Die Geschichte der Thüringer Verfassungsgerichtsbarkeit
Aufgaben und Zuständigkeiten des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Der Verfassungsgerichtshof ist als ranghöchstes Gericht des Freistaats Thüringen zur Kontrolle der Exekutive, der Legislative und gerichtlicher Entscheidungen des Landes berufen. Artikel 80 der Thüringer Verfassung bestimmt seine Zuständigkeiten. Nach Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 der Thüringer Verfassung entscheidet der Verfassungsgerichtshof:
1. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch die öffentliche Gewalt des Freistaats Thüringen in seinen in der Thüringer Verfassung verbürgten Grundrechten, grundrechtsgleichen Rechten oder staatsbürgerlichen Rechten verletzt zu sein (sog. Individualverfassungsbeschwerde, siehe dazu das Merkblatt),
2. über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen der Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 91 Abs. 1 und 2 der Thüringer Verfassung (sog. Kommunalverfassungsbeschwerde),
3. über die Auslegung der Thüringer Verfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Landesverfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Landesregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind, auf deren Antrag (sog. Organstreit),
4. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Thüringer Verfassung auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder des Landtags, einer Landtagsfraktion oder der Landesregierung (sog. abstrakte Normenkontrolle),
5. über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit dieser Verfassung auf Antrag eines Gerichts, wenn es ein Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für unvereinbar mit der Thüringer Verfassung hält (sog. konkrete Normenkontrolle),
6. über die Zulässigkeit von Volksbegehren nach Art. 82 Abs. 5 der Thüringer Verfassung,
7. über die Verfassungswidrigkeit des Untersuchungsauftrages nach Art. 64 Abs. 1 Satz 2 der Thüringer Verfassung,
8. über die Anfechtung der Prüfung der Gültigkeit der Landtagswahl nach Art. 49 Abs. 3 der Thüringer Verfassung.
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Jede Verfahrensart folgt eigenen Regeln und Besonderheiten. Die jeweiligen Einzelheiten sind im Gesetz über den Thüringer Verfassungsgerichtshof bestimmt. Der Verfassungsgerichtshof kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung auch vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist (§ 26 Abs. 1 ThürVerfGHG).
Dem Verfassungsgerichtshof können nach Art. 80 Abs. 2 der Thüringer Verfassung durch Gesetz weitere Angelegenheiten zur Entscheidung zugewiesen werden.
Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Verfassungsbeschwerden können durch einstimmigen Beschluss eines von dem Verfassungsgerichtshof für die Dauer eines Geschäftsjahres bestellten Ausschusses zurückgewiesen werden (§ 34 Abs. 1 ThürVerfGHG).
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Stellung und Zusammensetzung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Stellung
Der Verfassungsgerichtshof ist nach Art. 79 der Thüringer Verfassung vom 25. Oktober 1993 und § 1 des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes vom 28. Juni 1994 ein allen anderen Verfassungsorganen gegenüber selbständiges und unabhängiges Gericht des Landes. Er ist selbst Verfassungsorgan. Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs binden nach § 25 des Thüringer Verfassungsgerichtshofsgesetzes die Verfassungsorgane des Landes sowie alle Thüringer Gerichte und Behörden. Sie haben Gesetzeskraft, soweit Landesrecht für mit der Landesverfassung unvereinbar oder nichtig erklärt wird.
Zusammensetzung
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof setzt sich zusammen aus dem Präsidenten und acht weiteren Mitgliedern. Der Präsident und zwei weitere Mitglieder werden aus dem Kreis der Berufsrichter gewählt. Drei weitere Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Für jedes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs ist ein eigener Stellvertreter zu berufen.
Der Präsident und die weiteren Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs werden vom Thüringer Landtag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtages auf die Dauer von sieben Jahren gewählt. Einmalige Wiederwahl ist möglich.
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Mitglieder und stellvertretende Mitglieder des Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Mitglieder
Derzeit gehören dem Thüringer Verfassungsgerichtshof an:
Präsident
Dr. Klaus von der Weiden
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Mitglied: 2015 - 2022
Präsident: 2022 - 2029
berufsrichterliche Mitglieder
Elke Heßelmann
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Weimar
Mitglied: 2010 - 2022
N.N.
Mitglieder mit Befähigung zum Richteramt
Prof. Dr. Walter Bayer
Universitätsprofessor an der Friedrich Schiller Universität Jena
Mitglied: 2000 - 2022
Dr. Klaus Hinkel
Präsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts
Mitglied: 2019 - 2026
Jun.-Prof. Dr. Anika Klafki
Juniorprofessur (Tenure Track) an der Friedrich Schiller Universität Jena
Mitglied: 2022 - 2029
Weitere Mitglieder
Michael Menzel
Rechtsanwalt
Stellvertreter: 2010 - 2015
Mitglied: 2015 - 2022
Prof. Dr. Christoph Ohler
Universitätsprofessor an der Friedrich Schiller Universität Jena
Stellvertreter: 2010 - 2015
Mitglied: 2015 - 2022
Jens Petermann
Richter am Sozialgericht
Mitglied: 2015 - 2022
Stellvertretende Mitglieder
Stellvertreter für die berufsrichterlichen Mitglieder
Claus Eckart Peters
Richter am Oberverwaltungsgericht Weimar
Stellvertreter: 2010 - 2022
Dr. Ute Jung
Richterin am Oberverwaltungsgericht
Stellvertreterin: 2017 - 2024
Michael Obhues
Präsident des Verwaltungsgerichts Gera
Stellvertreter: 2008 - 2025
Stellvertreter für die Mitglieder mit Befähigung zum Richteramt
Petra Reiser-Uhlenbruch
Richterin am Amtsgericht Gotha
Stellvertreterin: 2011 - 2023
Dr. Wolfgang Weißkopf
Rechtsanwalt
Stellvertreter: 2003 - 2025
Jörg Geibert
Rechtsanwalt
Stellvertreter: 2020 - 2027
Stellvertreter für die weiteren Mitglieder
Renate Licht
Regionsgeschäftsführerin DGB, Region Thüringen
Stellvertreterin: 2011 - 2023
Kjell Eberhardt
Staatssekretär a. D.
Stellvertreter: 2012 - 2024
Petra Pollak
Rechtsanwältin
Mitglied: 2005 - 2015
Stellvertreterin: 2015 - 2022
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Ehemalige Mitglieder und Stellvertreter
M = Mitglied / StV = Stellvertretendes Mitglied
in alphabetischer Reihenfolge
Amts- bzw. Funktionsbezeichnung im Zeitraum der Mitgliedschaft
Prof. Dr. Aschke, Manfred
Präsident: 2014 - 2018
Baki, Brigitte
DGB-Gewerkschaftssekretärin
StV: 2005 - 2011
Prof. Dr. Manfred Baldus
Universitätsprofessor an der Universität Erfurt
Stellvertreter: 2005 - 2008
Mitglied: 2008 - 2021
Dr. h. c. Bauer, Hans-Joachim
Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts a.D.
M: 1995 - 2005
Präsident: 2000 - 2005
Bechmann, Barbara
Diplom-Wirtschaftlerin
StV: 2005 - 2009
Becker, Gunter
Präsident des Thüringer Landessozialgerichts a.D.
M: 1995 - 2005
Präsident: 1995 - 2000
Prof. Dr. Denninger, Erhard
Universitätsprofessor
StV: 1995 - 2000
Ebeling, Christian
Rechtsanwalt
M: 1995 - 2005
Prof. Dr. Ebert, Udo
Universitätsprofessor
StV: 2000 - 2005
Gabriel, Günter
Rechtsanwalt
StV: 2000 - 2010
Germann, Peter
Direktor des Amtsgerichts Arnstadt
StV: 2000 - 2005
Goetze, Peter
Rechtsanwalt
StV: 2000 - 2003
M: 2003 - 2010
Graef, Harald
Vizepräsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts a.D.
M: 2000 - 2010
Präsident: 2005 - 2010
Granderath, Peter Franz
Präsident des Landgerichts Gera
StV: 2005 - 2010
Groß, Evelin
Diplom-Betriebswirtin
Stellvertreterin: 2010 - 2012
Dr. Wolfgang Habel
Rechtsanwalt
StV: 2000 - 2010
M: 2010 - 2015
Dr. Hemsteg von Fintel, Renate
IG-Metall Bevollmächtigte
StV: 1995 - 2005
Prof. Dr. Hirte, Heribert
Universitätsprofessor
StV: 1995 - 2000
Hornstein, Martina
Richterin am Landgericht Erfurt
StV: 2005 - 2010
Prof. Dr. Hübscher, Johanna
Universitätsprofessorin
M: 2000 - 2010
Prof. Dr. Dr. h. c. Jentsch, Hans-Joachim
Minister a.D., Rechtsanwalt und Notar
M: 1995 - 1996
Dr. h.c. Stefan Kaufmann
Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts a.D.
Präsident: 2018 - 2021
Kretschmer, Christiane
Diplom-Ingenieurin
StV: 1995 - 2000
Lindner, Joachim
Vizepräsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts a.D.
Präsident: 2010 - 2014
Dr. Lingenberg, Dieter
Notar
StV: 1996 - 2000
Lothholz, Reinhard
angestellter Geschäftsführer
M: 1995 - 2000
StV: 2000 - 2005
Dr. Martin-Gehl, Iris
Rechtsanwältin
M: 2000 - 2015
Prof. Dr. Meyn, Karl-Ulrich
Universitätsprofessor
Rektor der Friedrich-Schiller-Universität Jena a.D.
StV: 1995 - 2000
M: 2005 - 2007
Metz, Rudolf
Präsident des Landgerichts Mühlhausen
StV: 1995 - 2000
Morneweg, Thomas
Rechtsanwalt
M: 1995 - 2005
Neuwirth, Gertrud
Präsidentin des Landgerichts Meiningen
M: 1995 - 2000
Notzke, Thomas
Richter am Verwaltungsgericht Weimar
StV: 2008 - 2010
Prof. Dr. Rommelfanger, Ulrich
Rektor der Polizeifachhochschule des Freistaats Sachsen
M: 1995 - 2000
Prof. Dr. Matthias Ruffert
Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität Berlin
M: 2010 - 2015
StV: 2015 - 2020
Scherer, Manfred
Präsident des Landgerichts Erfurt
StV: 1995 - 1996
M: 1996 - 1999
Schneider, Thomas
Vizepräsident des Landgerichts Erfurt
StV: 2010 - 2017
Dr. h. c. Schuler, Elmar
Präsident des Thüringer Finanzgerichts a.D.
StV: 2000 - 2007
Prof. Dr. Schwan, Hartmut
Präsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts a.D.
Stellvertreter: 1995 - 2005
Mitglied: 2005 - 2019
Prof. Dr. Steinberg, Rudolf
Universitätsprofessor
M: 1995 - 2000
Prof. Dr. Strauch, Hans-Joachim
Präsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts a.D.
StV: 1995 - 2000
Dr. Zwanziger, Bertram
Richter am Bundesarbeitsgericht
M: 2005 -2010
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Die Geschichte der Thüringer Verfassungsgerichtsbarkeit
Die Verfassungsentwicklung bis zum Jahr 1918
Die Verfassungstradition Thüringens reicht bis in die Anfänge des Konstitutionalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Sieben Länder der im Deutschen Bund zusammengeschlossenen zwölf thüringischen Staaten folgten der Deutschen Bundesakte von 1815 und errichteten eine sogenannte Landständische Verfassung. Zu den typischen frühkonstitutionellen thüringischen Landesverfassungen zählt das sogenannte Grundgesetz einer Landständischen Verfassung für das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, das bis zur Revolution im Jahr 1848 galt. Es beschränkte sich allerdings im Wesentlichen auf die Regelung der Rechtsverhältnisse des Landtages. Ein Grundrechtskatalog fehlte.
Die sogenannten Märzforderungen der Revolution von 1848 zielten auf fortschrittlichere Verfassungen. Sie beeinflussten wie die Verfassungsberatungen der Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt die Verfassungsreformen in Thüringen. Die von der Nationalversammlung verkündeten sogenannten Grundrechte des deutschen Volkes wurden teilweise wörtlich in die Landesverfassungen übernommen. Verankert wurden auch ein Gesetzesinitiativrecht des Parlaments sowie die Ministerverantwortlichkeit.
Die Auflösung des Deutschen Bundes und der Beitritt der thüringischen Staaten zu dem 1866 gegründeten Norddeutschen Bund führte mit der Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867 zu Kompetenzverlusten der Länder. Mit der Reichsverfassung von 1871 setzte sich der unitarische Prozess fort. Die bundesrechtlich zunächst nur ansatzweise gewährleisteten Freiheitsrechte wurden aber stetig erweitert.
Die Verfassungsentwicklung nach 1918
In der Folge der Novemberrevolution 1918 wurden die ehemaligen Thüringer Fürstentümer zu Freistaaten. Sie schlossen einen Gemeinschaftsvertrag zur Bildung eines Landes Thüringen, gaben sich 1920 eine Vorläufige Verfassung und begründeten mit der ersten Thüringer Verfassung vom 11. März 1921 eine repräsentative Demokratie und zugleich die Freistaatlichkeit Thüringens.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, der Auflösung des Reichstages und der Landtage und der Übertragung der Hoheitsrechte der Länder auf das Reich in den Jahren 1933 und 1934 endete auch die Eigenständigkeit des Landes Thüringen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Thüringen aufgrund der Beschlüsse von Jalta Teil der sowjetischen Besatzungszone. Die sowjetische Militäradministration errichtete im Jahr 1945 fünf Länder, darunter auch das Land Thüringen. Im Jahr 1946 verabschiedete der erste Thüringer Landtag die Verfassung des Landes Thüringen, die eine Reihe von Grundrechten gewährleistete. Die Verfassung galt bis zur Beseitigung der Landesstrukturen in der Deutschen Demokratischen Republik im Jahr 1952. Als Überbleibsel der Verfassungsgerichtsbarkeit erscheint Art. 66 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949. Die Vorschrift sah die Bildung eines Verfassungsausschusses der Volkskammer vor. Dieser war zuständig zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen der Republik sowie der Vereinbarkeit von Landesgesetzen mit den Gesetzen der Republik und zur Prüfung von Verfassungsstreitigkeiten zwischen der Republik und den Ländern. Über das Gutachten des Verfassungsausschusses entschied die Volkskammer.
Die Verfassungsentwicklung nach 1989
Es war ein Hauptanliegen der friedlichen Revolution des Herbstes 1989, nach dem Beispiel der Bundesrepublik Deutschland auch in der Deutschen Demokratischen Republik eine starke Verfassungsgerichtsbarkeit zu schaffen. Bereits der Verfassungsentwurf des Zentralen Runden Tisches vom 4. April 1990 sah daher die Errichtung eines Verfassungsgerichts mit umfassender Zuständigkeit vor. Auch die mit der Bildung der fünf neuen Länder durch das Ländereinführungsgesetz vom 22. Juli 1990 einhergegangenen ostdeutschen Verfassungsvorhaben sahen von Anfang an eine eigenständige Verfassungsgerichtsbarkeit vor, die sich am Grundgesetz und am Bundesverfassungsgerichtsgesetz orientierte.
Die Neuerrichtung des Landes Thüringen am 3. Oktober 1990 machte die Normierung einer vorläufigen Ordnung bis zur Verabschiedung einer Landesverfassung notwendig. Die Vorläufige Landessatzung für das Land Thüringen vom 7. November 1990 (GVBl. S. 1) beschränkte sich als Interimsverfassung auf die Regelung der Staatsgrundlagen. Die Einrichtung eines Landesverfassungsgerichts blieb der eigentlichen Landesverfassung vorbehalten.
Die verschiedenen in das Verfassungsgebungsverfahren eingebrachten Entwürfe einer Thüringer Verfassung sahen von Anfang an eine eigenständige Verfassungsgerichtsbarkeit vor. Vor dem Hintergrund zweier Diktaturen schuf der Thüringer Verfassungsgeber wie alle neuen Länder und im Gegensatz zu einer Reihe der bisherigen Länder eine umfassende Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese sollte nicht im Sinne eines Staatsgerichtshofs auf die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Staatsorganen oder die Kontrolle von Landesgesetzen beschränkt sein. Vielmehr sollte sich der Bürger gegen jeden hoheitlichen Akt zur Wehr setzen können, mithin auch gegen Gerichtsurteile.
Die Errichtung eines Thüringer Verfassungsgerichtshofs
Die Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25. Oktober 1993 (GVBl S. 625) sieht in ihrem Art. 79 die Errichtung eines Verfassungsgerichtshofs vor. Art. 79 enthält Regelungen zu Stellung und Zusammensetzung des Gerichtshofs und Art. 80 Regelungen über seine Zuständigkeiten. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens und der Organisation wird dem Gesetzgeber überlassen.
Mit dem Gesetz über den Thüringer Verfassungsgerichtshof vom 28. Juni 1994 (GVBl S. 781) bestimmte der Thüringer Landtag den Sitz des Verfassungsgerichtshofs in Weimar.
Der Gerichtshof nahm am 13. September 1995 seine Arbeit auf.
(Literaturhinweise: Joachim Linck, in Linck/Jutzi/Hopfe, Die Verfassung des Freistaats Thüringen, Kommentar, 1993, Einleitung; Ulrich Rommelfanger, Die Verfassung des Freistaats Thüringen des Jahres 1993, ThürVBl. 1993, 145, 173)
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